Pflichtteil I – auch Enterbte können erben

Mindestbeteiligung Die nächsten Hinterbliebenen können auch per Testament nicht vollständig enterbt werden, wenn sie zum Kreis der Pflichtteilsberechtigten (Eltern, Ehegatten und Kin-der) gehören. Faustregel: Wer nach der gesetzlichen Erb folge geerbt hätte, kann den Pflichtteilsanspruch gegenüber den testamentarisch eingesetzten Erben geltend machen.

Umfang Der Pflichtteil ist eine Geldforderung in Höhe des halben Werts jenes Erbteils, das dem Berechtigten zugestanden hätte, wenn er nicht enterbt worden wäre. Die Forderung ist an die Er-ben zu richten; diese müssen den Pflichtteil ausbezahlen. Es gibt jedoch keinen Anspruch auf Gegenstände aus dem Nachlass.

Risiko Die Erben müssen diese Forderungen zeitnah bedienen. Stehen keine Barmittel zur Verfügung, müssen dafür regelmäßig Kredite aufgenommen oder gar Teile des Erbes verkauft werden. Nur in Ausnahmefällen kann eine Stundung der Pflichtteilsforderung verlangt werden – allerdings sind dafür dann Zinsen zu zahlen. Wer bei der Nachlassplanung Pflichtteilsansprüche leichtfertig über-geht, riskiert damit, dass das Testament ins Leere läuft.

Ausnahmen Ein Pflichtteils-entzug ist unter anderem denkbar, wenn der Berechtig-te ein Verbrechen gegen den Erblasser begangen hat.


Pflichtteil II – wenn das Erbe in Gefahr gerät

Wert Meist sind die Erben kaum geneigt, einer Pflicht­teilsforderung ohne Wider­stand nachzukommen.
Aus diesem Grund haben Pflichtteilsberechtigte das Recht, Auskunft über den Nachlass zu verlangen und bei der Erstellung des Nach­lassverzeichnisses durch einen Notar anwesend zu sein. Zuletzt haben sie das Recht, eine eidesstattliche Versicherung von den Erben zu verlangen, dass deren Angaben über den Nachlass vollständig sind.

Schenkungen Wenn der Erblasser Teile seines Vermögens bereits zu Lebzeiten verschenkt hat, mindert dies das Erbe und damit auch die Pflichtteils­ansprüche. Der Pflicht­teilsergänzungsanspruch soll dafür einen Ausgleich schaffen, indem Schenkun­gen aus den letzten zehn Jahren vor dem Tod des Erblassers teilweise ange­rechnet werden.

Berechnung Innerhalb der Zehnjahresfrist gilt die Regel, dass für jedes Jahr, das seit der Schenkung vergangen ist, zehn Prozent des ursprüng­lichen Werts der Schenkung aus der Anrechnung fallen. Liegt die Schenkung z. B. fünf Jahre zurück, wird nur noch die Hälfte ihres Wertes angerechnet, nach acht Jahren noch 20 Prozent. Die so ermittelte Summe wird dem Nachlass fiktiv zuge­schlagen, um daraus dann den Wert des Pflichtteils be­stimmen zu können.


Patchworkfamilie – ein Testament ist Pflicht

In zusammengewürfelten Familienverbänden können Vermögen schnell in falsche Hände geraten. Vorsorge ist unverzichtbar

Dass Beziehungen zerbrechen und neue entstehen, mündet häufig in das Konstrukt der Patch­workfamilie, in der beide Partner Kinder aus früheren Beziehungen mitbringen. Neue Liebe, neues Glück, könnte man sagen – aller­dings ist die Patchworkfami­lie aus erbrechtlicher Sicht eine ziemliche Katastrophe. Kind kontra Partner Zunächst einmal scheint alles in Butter, denn die Patch­work eltern würden im Todes­fall jeweils die eigenen Kin­der beerben. Bei einer Heirat entsteht dagegen eine Schief­lage, denn das Kind müsste sich dann beim Tod des leibli­chen Elternteils sein Erbe mit dem Stiefelternteil teilen. Das Jawort hat Folgen, als würde man das Kind aufs Pflichtteil setzen. Super-GAU Noch schlim­mere Vermögensverschie­bungen drohen, wenn die Ehe leute dann kurz nachei­nander versterben, etwa bei einem Unfall. Nehmen wir z. B. auf beiden Seiten ein Barvermögen von jeweils 30 000 Euro an, beide Part­ner haben ein Kind. Elternteil A stirbt noch an der Unfall­stelle und hinterlässt damit seinem eigenen Kind A und Stiefelternteil B jeweils 15 000 Euro. Elternteil B stirbt zwei Stunden später und hinterlässt seinem Kind B allein aufgrund des späte­ren Todeszeitpunkts ein Erbe von 45 000 Euro, wäh­rend Kind A nur 15 000 Euro bleiben.

Abhilfe per Testament

Mit einem »Berliner Testa­ment«, in dem sich die Ehe­gatten gegenseitig zu Allein­erben einsetzen und den Erbgang der Kinder auf den Tod des letztverstorbenen Partners hinausschieben, wäre die Ungerechtigkeit im Beispiel entschärft. Sind auf einer Seite größere Vermö­genswerte im Spiel oder un­terscheidet sich die Zahl der eingebrachten Kinder stark, sollte unter juristischer Bera­tung nachjustiert werden, etwa über Vermächtnisse.


Unverheiratetes Paar – Absicherung tut not

Unverheiratete können sich nicht per Gesetz beerben, an vielen Stellen drohen deshalb Nachteile. Letzter Ausweg ist das Standesamt

Paare ohne Trauschein können sich gegen seitig nur sehr unzureichend absichern. Der Hauptgrund dafür liegt in der Erbschaftsteuer. Als Nichtverwandte haben sie nur einen Freibetrag von 20 000 Euro; was darüber hinausgeht, wird mit satten 30 Prozent Erbschaftsteuer belegt, ab sechs Millionen Euro kassiert der Staat sogar die Hälfte. Risiko Diesen Aspekt im Hinterkopf, sollten Paare, die einen gemeinsamen Immobilienkauf planen, sinnvollerweise auch über eine Heirat nachdenken, um die drohende Geldvernichtung (und womöglich den Verlust des Eigenheims) zu vermeiden. Tritt der schlimmste Fall ein, hat ein überlebender Ehepartner einen Erbschaftsteuer-Freibetrag von 500 000 Euro, auf den die gemeinsam bewohnte Im mobilie nicht einmal angerechnet wird.* Über Kreuz Kommt eine Eheschließung nicht infrage, bietet es sich an, den Immo-bilienkauf durch zwei Risiko-lebensversicherungs-Policen abzusichern. Dafür sollte jedoch nicht der klassische Weg gewählt werden, bei dem das eigene Leben zugunsten des Partners versichert wird, denn dabei würde die Versicherungssumme der Erbschaftsteuer unterliegen. Dies lässt sich vermeiden, indem die Partner (zu eigenen Gunsten) jeweils das Leben des anderen versichern und dafür die Beiträge bezahlen.

Sicherheit per Vertrag

Unverheiratete können kein gemeinsames Testament verfassen, sondern haben nur die Option, sich mit Einzeltestamenten gegenseitig als Erben einzusetzen. Dabei besteht aber das Risiko, dass hinter dem Rücken des Partners jederzeit ein anderslautendes Testament aufge-setzt werden könnte. Eine Absicherung dagegen ist der notarielle Erbvertrag, mit dem die Partner sich wechselseitig als Erben einsetzen. Ein solcher Erbvertrag lässt sich nicht einseitig aufkündigen. Sind Änderungen gewünscht, müssen beide Partner mitwirken.


Testament – Nachlass unter Kontrolle

Berliner Testament Die Bezeichnung steht für ein gemeinsames Testament von Ehegatten, in dem sie sich gegenseitig als Alleinerben einsetzen. Die Regelung zielt darauf ab, dass die gemein­samen Kinder erst erben sollen, wenn auch der zweite Ehegatte verstorben ist. Nachteil: Nach dem Tod des Ehegatten kann der Überle­bende am Testament nichts mehr ändern, wenn dies nicht ausdrücklich vorge­sehen wurde.

Vermächtnis Ein Vermächt­nis dient im Testament dazu, einer Person einen bestimm­ten Gegenstand oder einen Geldbetrag zukommen zu lassen. Beispiel: Meine Bern­steinkette soll nach dem Tod Maria bekommen.

Auflagen Erbeinsetzungen und auch Vermächt nisse können mit Auflagen verse­hen werden. Beispiel: Maria soll 2 000 Euro bekommen, sofern sie bereit ist, für meine Katze zu sorgen.

Sicherheit Privatschrift liche Testamente können zu Hause aufbewahrt werden, aller­dings birgt das die Gefahr, dass sie nicht gefunden oder bei missliebigem Inhalt unter­schlagen werden. Eine Registrierung im allgemeinen Testaments register (www.testamentsregister.de) emp­fiehlt sich, damit sie über­haupt als existent verzeich­net sind. Dabei werden aller­dings keine Inhalte registriert. Die sichere Alternative ist der Gang zum Notar.

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